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Kein doppelter Ansatz der Mehrwertsteuer beim Nutzungswertersatz

Quelle: BVSK-RECHT-AKTUELL - 2014/KW 27

BGH, Urteil vom 09.04.2014, AZ: VIII ZR 215/13

Hintergrund

Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, in welcher Form bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages Mehrwertsteuer bei den anzurechnenden Gebrauchsvorteilen zu berücksichtigen ist.

Am 15.06.2010 kaufte der Kläger bei der Beklagten einen VW Touareg für 75.795,00 € brutto zuzüglich Überführungs- und Zulassungskosten. Aufgrund diverser Mängel am Fahrzeug verlangte er die Rückabwicklung des Vertrages, mit der die Beklagte einverstanden war. Die Beklagte nahm unter Berücksichtigung der vom Kläger mit dem Fahrzeug gefahrenen 24.356 km einen Abzug für Gebrauchsvorteile in Höhe von 9.230,32 € vom zu erstattenden
Bruttokaufpreis vor und erstattete mithin einen Betrag in Höhe von 67.664,69 €.

Der Kläger begehrte weitere 3.759,47 € nebst Zinsen sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 213,31 € mit seiner Klage.

Erstinstanzlich hatte das AG Hamburg-St. Georg (Urteil vom 18.09.2012, AZ: 919 C 577/11) die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Teilbetrag von 1.846,07 € nebst Zinsen zu zahlen und ihn von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 126,68 € freizuhalten; im Übrigen hatte es die Klage abgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten hat das LG Hamburg (Urteil vom 28.06.2013, AZ: 320 S 142/12) - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - die Verurteilung der Beklagten hinsichtlich der Hauptforderung auf 1.605,07 € nebst Zinsen ermäßigt.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der die Beklagte die Abweisung der Klage in Höhe weiterer 1.403,30 € begehrte, hatte keinen Erfolg.

Aussage

Der BGH entschied, dass bei der Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs der
Wertersatz nach § 346 Abs. 2 S.1 Nr. 1 BGB für herauszugebende Nutzungen auf der
Grundlage des Bruttokaufpreises zu schätzen und der so ermittelte Nutzungswertersatz nicht um die Mehrwertsteuer zu erhöhen ist.

Er schloss sich dem LG Hamburg an, dass entgegen der Auffassung der Beklagten zusätzlich zu dem vom AG Hamburg-St. Georg ermittelten Nutzungswert von 7.384,25 € nicht noch die Mehrwertsteuer aus diesem Betrag in Ansatz zu bringen sei. Die Frage, ob die Umsatzsteuer bei der Ermittlung der Nutzungsvergütung nur einmal - nämlich durch Zugrundelegung des Bruttokaufpreises - zu veranschlagen sei, oder ein zweites Mal durch den  Aufschlag auf den auf der Basis des Bruttokaufpreises errechneten Nutzungswert, hielt der BGH ebenfalls für falsch. Die Mehrwertsteuer ist vielmehr von dem auf Grundlage des Bruttokaufpreises ermittelten Nutzungswertersatz bereits umfasst.

Der BGH führt in seinen Entscheidungsgründen weiter aus:

„Würde nämlich, wie die Revision meint, der nach der Formel errechnete Nutzungswert um die Mehrwertsteuer erhöht, könnte der Verkäufer vom Käufer, wenn dieser die mögliche Nutzungszeit vollständig ausgeschöpft hätte, für die erlangten Gebrauchsvorteile einen höheren Betrag beanspruchen als den Bruttokaufpreis, den der Käufer seinerzeit gezahlt und der Verkäufer dem Käufer zu erstatten hat. Der Käufer hätte in diesem Fall als Nutzungswertersatz den vollen Bruttokaufpreis zuzüglich der Mehrwertsteuer aus diesem Betrag zu erstatten. Er würde damit im Zuge der Rückabwicklung, soweit es um den Wertersatz für die Gebrauchsvorteile geht, mit der Mehrwertsteuer doppelt belastet. Dass dies nicht richtig wäre, liegt auf der Hand. Das Berufungsgericht hat einen zweimaligen Ansatz der Mehrwertsteuer deshalb mit Recht abgelehnt (ebenso KG, aaO).


c) Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Berufungsgericht - im Wege einer Kontrollrechnung - den Nutzungswert auf der Grundlage des Nettokaufpreises berechnet und den so ermittelten Betrag um die Mehrwertsteuer erhöht hat. Denn beide Berechnungsweisen führen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, zum selben Ergebnis.

d) Aus dem Senatsurteil vom 18. Mai 2011 (VIII ZR 260/10, WM 2011, 2141 Rn. 12 f.), auf das die Revision verweist, und aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur (fehlenden) Umsatzsteuerpflichtigkeit des Minderwertausgleichs beim Leasingvertrag ergibt sich für den vorliegenden Fall nichts Anderes. Gegenteiliges wird auch von der Revision nicht ausgeführt. Sie räumt ein, dass die hier zu entscheidende Frage von dieser Rechtsprechung nicht beantwortet wird.“

Praxis

Bei der Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs ist der zu leistende Wertersatz für herauszugebende Nutzungen auf der Grundlage des Bruttokaufpreises zu schätzen. Dies ist deshalb interessengerecht, da im Verhältnis der Parteien zueinander durch den Käufer der Bruttopreis zu entrichten ist.

Der BGH stellt in seiner Entscheidung klar, dass auf den so ermittelten Nutzungswertersatz nicht noch die Umsatzsteuer hinzuzurechnen ist. Die Umsatzsteuer ist vielmehr von diesem bereits umfasst. Anderenfalls wäre der Käufer im Zuge der Rückabwicklung - soweit es um den Wertersatz für Gebrauchsvorteile geht - mit der Umsatzsteuer doppelt belastet.

Der Nutzungswertersatz wird anhand folgender Formel berechnet:

Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer / erwartete Gesamtfahrleistung

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